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Welche Auswirkungen hat der Brexit auf das Aufenthalts- und Scheidungsrecht?

Vorsicht Brexit: Deutsch-britische-Paare stehen vor unbekannten rechtlichen Veränderungen

Welche Auswirkungen hat der Brexit auf das Aufenthalts- und Scheidungsrecht?

Wie genau der Brexit aussehen wird ist immer noch höchst ungewiss. Nur eines ist klar: Nach dem Brexit wird Großbritannien nicht mehr Teil der EU sein und damit auch nicht mehr an EU-weite rechtliche Vereinbarungen gebunden sein.

Welche Szenarien sind denkbar?

Generell gilt folgendes: Entweder das britische Parlament akzeptiert den aktuellen Brexit-Vertrag (Option 1, der so genannte "Deal") oder es kommt zu einem ungeregelten Brexit (Option 2, der so genannte "No-Deal"). Denkbar wären auch weitere Szenarien, wie beispielsweise ein stufenweiser Austritt aus der EU oder eine Verlängerung der Austrittsfrist. Bei einem ungeregelten Austritt (also ohne Vertrag) wäre Großbritannien nach dem Austritt ein so genannter Drittstaat. Das bedeutet, dass Großbritannien rechtlich wie andere Drittstaaten (z.B. Indien oder China) zu behandeln wäre. Dies hätte weitreichende Konsequenzen für deutsch-britische Paare.

Was ändert sich für deutsch-britische Paare in Großbritannien?

Wenn der Brexit kommt, dann können EU-Bürger nicht mehr in den Genuss der EU-weiten Niederlassungsfreiheit und des Daueraufenthaltsrechts kommen.
Allerdings sind Übergangsregelungen vom britischen Innenministerium geplant, die theoretisch unabhängig von einem Deal oder no-Deal vom britischen Innenministerium festgelegt werden können. Diese Regelungen sehen wie folgt aus:
Grundsätzlich gilt, dass EU-Bürger, die in Großbritannien leben bis Ende Juni 2021 die Möglichkeit haben, sich für einen dauerhaften Aufenthalt in Großbritannien zu bewerben. Hierfür ist nur der Nachweis der Identität und ein Wohnsitz sowie eine Erklärung über etwaige Vorstrafen notwendig. Wer bereits seit 5 Jahren in Großbritannien gelebt hat, erhält eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis. Um einen dauerhaften Aufenthalt zu erhalten ist ein Antrag in Großbritannien zu stellen, welcher für Erwachsene 65 Pfund kosten soll (umgerechnet ca. 74 Euro).
Für alle ca. 3,5 Millionen EU-Bürger im Vereinigten Königreich wird es nach dem Brexit dann verpflichtend sein, einen solchen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungserlaubnis" zu stellen
Neben diesem Aufenthaltsrecht ist es natürlich auch möglich, die britische Staatsbürgerschaft zu beantragen, was sich insbesondere für Paare lohnt, die sowieso vorhatten, den Rest ihres Lebens in Großbritannien zu verbringen.

Was ändert sich für deutsch-britische Paare in Deutschland?

In Deutschland haben alle Briten, die länger als 5 Jahre hier leben automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung und können optional auch die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen.
Problematisch und ungewiss wird es für Briten, die weniger als 5 Jahre in Deutschland leben.
Wenn es zu einem No-Deal-Brexit kommen sollte und die deutsche Bundesregierung keine Ausnahmeregelungen speziell für Briten erlässt, dann wäre Großbritannien wie ein so genannter Drittstaat zu behandeln , mit der Folge, dass dann für alle Briten die ausländerrechtlichen Vorschriften gelten, wie sie aktuell auch für nicht-EU-Bürger gelten.
Konkret bedeutet dies, dass Briten nach einer dreimonatigen Übergangsfrist (Touristen-Visa werden grundsätzlich nur für 90 Tage - 3 Monate erteilt) sich um den Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis kümmern müssen. Eine solche Aufenthaltserlaubnis ist grundsätzlich zeitlich beschränkt und wird nur für die folgendes Zwecke ausgestellt: Zwecks Ausbildung, Erwerbstätigkeit, völkerrechtliche, humanitäre oder aufgrund politischer sowie familiärer Gründe.
Wenn ein Ausländer seit fünf Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und weitere Voraussetzungen (Sicherung des Lebensunterhalts, keine Vorstrafen, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache etc.), kann eine Niederlassungserlaubnis beantragt werden.
Es zeigt sich deutlich wie kompliziert die Aufenthaltsrechtliche-Problematik für deutsch-britische Paare werden kann.

Was sollten deutsch-britische Paare tun?

Deutsch-britische Paare sollten sich zunächst genau überlegen, wo sie in Zukunft leben möchten. Anschließend sollte über alle Optionen - also sowohl über die Beantragung eines Aufenthaltstitels - als auch über die Beantragung der britischen oder deutschen Staatsbürgerschaft nachgedacht werden.
Auch bereits verheiratete Paare sollten sich erkundigen, welches Recht im Falle einer Scheidung und bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung (insbesondere beim Zugewinnausgleich) Anwendung finden würde.
Bisher galt in Bezug auf das anwendbare Scheidungsrecht, dass die europaweit geltende Rom-III-Verordnung das anwendbare Scheidungsrecht bestimmt hat.
In dem aktuellen Entwurf des Brexit-Vertrags findet sich keine Vereinbarung, dass diese Verordnung weiter gelten soll. Dies kann dann zur Folge haben, dass im Fall einer Scheidung plötzlich unerwarteter Weise britisches oder eben deutsches Recht zur Anwendung kommt.
Dabei gibt es durchaus beachtliche Unterschiede zwischen dem deutschen und britischen Scheidungsrecht.
Das britische Rechts sieht vor, dass ein britisches Gericht für eine Scheidung dann zuständig ist, wenn mindestens einer der beiden Ehepartner für eine gewisse Zeit in England gewohnt haben.
Es reicht aus, wenn das Paar für sechs Monate in England gelebt hat oder mindestens einer der beiden für ein Jahr in England wohnhaft war, damit ein englisches Gericht bezüglich der Scheidung entscheiden kann.
Dabei hat das britische Scheidungsrecht den Ruf besonders großzügig gegenüber Frauen zu sein.
Anders als im deutschen Recht gibt es im britischen Recht beispielsweise das "Modell der lebenslangen Versorgung", sodass eine Ex-Ehegattin durchaus lebenslangen Unterhalt erwarten kann. Im deutschen Recht ist dies nur in seltenen Ausnahmefällen denkbar.
Außerdem kann es nach britischem Recht zu einer Aufteilung des gesamten Vermögens kommen, also nicht nur ein Ausgleich von 50 % des Zugewinns, der während der Ehe dazugewonnen wurde, sondern eine vollständige Aufteilung des Vermögens.
Deswegen war England und insbesondere London der Gerichtsstand der Wahl für viele prominente Ehefrauen, die einen (Zweit-)Wohnsitz dort hatten.

Fazit: Eine Rechtswahl-Vereinbarung kann Klarheit schaffen

Da es sehr ungewiss ist, ob und welche Änderungen sich ergeben, sollte jedenfalls über eine Rechtswahl-Vereinbarung nachgedacht werden. Eine solche Vereinbarung kann auch nachträglich geschlossen werden. Zu beachten sind jedenfalls etwaige Formvorschriften (z.B. notarielle Beurkundung).
Eine solche Vereinbarung schafft in jedem Fall Rechtssicherheit und man ist nicht mehr der Ungewissheit der weiteren politischen Entwicklung unterworfen.
Welche konkreten Änderungen sich im Familien- und Scheidungsrecht ergeben werden, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

 

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