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Scheidung mit Auslandsbezug

Scheidung mit Auslandsbezug

Scheidung mit Auslandsbezug sind oftmals kompliziert. Denn es kann sich sowohl die Frage stellen, in welchem Land die Scheidung einzureichen ist, als auch die Frage, nach welchem Recht sich die Scheidung richtet. In vielen Fällen wird dabei an den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten zum Zeitpunkt angeknüpft. Teilweise leben die Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung nicht mehr im selben Land. In diesem Fall gewinnt die auch Online-Scheidung auch an Bedeutung. Die Online-Scheidung kann in diesen Fällen dadurch vorteilhaft sein, dass der Kontakt zwischen Mandant und Rechtsanwalt per Telefon und Internet verläuft. So können teilweise erhebliche Anreisekosten gespart werden.
In folgendem Beitrag möchten wir Ihnen einen kleinen Überblick zu dem Thema verschaffen.

Ist ein deutsches Gericht für meine Scheidung zuständig?

Bei einer Scheidung mit Auslandsbezug ist einiges zu beachten. Beispielsweise stellen sich für ein ausländisches, in Deutschland lebendes Ehepaar, das sich hier scheiden lassen will, verschiedene Fragen: Können wir uns überhaupt in Deutschland scheiden lassen? Und welches Recht wird bei der Scheidung in Deutschland zugrunde gelegt?
Interessant sind solche Fragen unter Umständen auch für im Ausland lebende deutsche Ehegatten, oder Ehegatten, die in verschiedenen Staaten leben.

Zunächst stellt sich die Frage, in welchem Land die Scheidung einzureichen ist.

I. Verbindung zur Europäischen Union

In Deutschland wird die Frage, ob ein deutsches Gericht für das Ehescheidungsverfahren zuständig ist, durch die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, sog. Brüssel-IIa-VO, geregelt. Die Brüssel-IIa-VO gilt als unmittelbar anwendbares EU-Recht seit dem 01. März 2005 in allen teilnehmenden europäischen Mitgliedsstaaten. Die Verordnung knüpft bezüglich der Frage nach der Zuständigkeit zum einen an die Staatsangehörigkeit und zum anderen an den gewöhnlichen Aufenthalt an.

Sind beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige, ist die Scheidung in Deutschland unproblematisch möglich (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. b Brüssel-IIa-VO).

Doch auch, wenn nur einer oder keiner der Ehegatten deutscher Staatsangehöriger ist, kann eine Scheidung in Deutschland erfolgen. Aus Art. 3 Abs. 1 lit. a Brüssel-IIa-VO ergibt sich, dass ein deutsches Gericht zuständig ist, sofern zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags

• die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben
• oder beide Ehegatten zuletzt gemeinsam in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und jetzt immer noch einer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat
• oder der Antragsgegner, also der Ehegatte, der den Scheidungsantrag nicht stellt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat
• oder beide Ehegatten die Scheidung beantragen und einer der Ehegatten in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat
• oder der ausländische Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit mindestens einem Jahr in Deutschland hat
• oder der deutsche Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit mindestens 6 Monaten vor Antragsstellung in Deutschland hat.

II. Keine Verbindung zur Europäischen Union

Besteht keine Verbindung zu einer europäischen Rechtsordnung, so gilt das deutsche und nicht das europäische Recht.

Nach § 98 FamFG sind demnach die deutschen Gerichte dann zuständig, wenn

• zumindest einer der Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit hat oder bei der Heirat hatte
• beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben
• einer der Ehegatten Staatenloser ist und seinen Wohnsitz i Deutschland hat
• wenn nur ein Ehegatte seinen Wohnsitz in Deutschland hat, nicht staatenloser ist, aber nur in den Fällen, wenn nicht offensichtlich ist, dass die zu erwartende Entscheidung des Gerichtes in keinem der Heimatländer anerkannt werden würde.

Sonderfall: Konkurrierende Zuständigkeiten

Gut denkbar sind Fälle, in denen nach Prüfung der obigen Kriterien mehrere Gerichte zuständig sind, da sich die Kriterien nicht gegenseitig ausschließen. Solche Fälle fallen unter den Begriff der konkurrierenden Zuständigkeit. Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich in dem Fall danach, bei welchem Gericht der Scheidungsantrag zuerst eingereicht wird.

Welches Gericht ist innerhalb Deutschlands zuständig?

Ist ein deutsches Gericht für die Scheidung zuständig, stellt sich die Frage, welches Gericht innerhalb Deutschlands nun genau anzurufen ist. Dies richtet sich nach den Kriterien des § 122 FamFG:
• Wohnen die Ehegatten zusammen, ist das Familiengericht zuständig, in dessen Gerichtsbezirk die Ehegatten leben.
• Leben die Ehegatten nicht zusammen, ist das Gericht in dem Bezirk zuständig, in dem der Ehegatte mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gleiches gilt, wenn nur ein Teil der gemeinsamen Kinder bei ihm seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, soweit bei dem anderen Ehegatten keine gemeinsamen Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
• Haben die Ehegatten keine Kinder und haben keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, kommt es darauf an, wo sie ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Hat einer der Ehegatten im selben Gerichtsbezirk noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist das dortige Gericht zuständig.
• Haben beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in diesem Gerichtsbezirk, ist das Gericht im Gerichtsbezirk zuständig, in dem der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
• Gelangt man dabei zu keinem Ergebnis, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
• Gelangt man zu keinem Ergebnis, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig.

 Kann ich nach deutschem Recht geschieden werden?

Will sich ein ausländisches Ehepaar in Deutschland scheiden lassen und ist ein deutsches Gericht für die Scheidung zuständig, bedeutet das nicht auch automatisch, dass die Scheidung nach deutschem Recht erfolgt. Nach welchem Recht die Scheidung erfolgt, bedarf einer entsprechenden Prüfung.

Welchem Recht unterliegt meine Scheidung in Deutschland?

Seit dem 21. Juni 2012 gilt die Rom-III-VO (EG) Nr. 1259/2010 in Deutschland und in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten als unmittelbar anwendbares EU-Recht. Die deutschen Gerichte entscheiden auf Grundlage dieser Verordnung die Frage, welches Recht bei Scheidungen mit Auslandsbezug anzuwenden ist. Damit richtet sich auch die Scheidung von Eheleuten, die die Staatsangehörigkeit eines Staates besitzen, der nicht an der ROM-III-VO teilnimmt, in Deutschland nach dieser VO.
Die Verordnung hat wesentliche Änderungen sich gebracht, da sich nunmehr das anzuwendende Scheidungsrecht nach dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ und nicht mehr zwingend nach der Staatsangehörigkeit der Betroffenen richtet. Zu beachten ist allerdings, dass die Verordnung lediglich die Ehescheidung und nicht auch die Scheidungsfolgesachen regelt. Dies betrifft insbesondere Unterhaltspflichten und vermögensrechtliche Folgesachen der Ehescheidung, welche nicht durch die Rom-III-VO geregelt werden.
In Bezug auf das bei der Ehescheidung zugrundeliegende Recht geht die Verordnung dem deutschen internationalen Privatrecht vor.

Ehegatten können das anzuwendende Recht frei wählen (Rechtswahl)

Die Verordnung sieht vor, dass die Ehegatten frei wählen können, welchem Recht die Scheidung unterliegen soll. Gemäß Art. 5 Abs. 1 der ROM-III-VO können Ehegatten durch eine Rechtswahl das für die Scheidung anzuwendende wählen. Dabei haben sie verschiedene Möglichkeiten:
Sie können das Recht des Staates wählen, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, wenn einer von beiden dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Weiterhin können sie sich nach dem Recht des Staates scheiden lassen, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzt oder nach dem das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.

Form der Rechtswahl

Die Rechtswahl bedarf grundsätzlich der Schriftform und muss zudem datiert und von beiden Ehegatten unterschrieben sein (vgl. Art. 7 Abs. 1 S. 1 ROM-III-VO). Den Mitgliedsstaaten ist jedoch vorbehalten, an die Rechtswahlerklärung darüber hinaus zusätzliche Formvorschriften vorauszusetzen (vgl. Art. 7 Abs. 2 ROM-III-VO). In Deutschland gilt die Besonderheit, dass Rechtswahlerklärung notariell beurkundet oder vor einem Gericht erklärt werden muss.

Wenn die Ehegatten keine Rechtswahl treffen – was gilt dann?

Die Ehegatten sind nicht verpflichtet, eine Rechtswahl zu vereinbaren. Treffen sie keine Rechtswahl, richtet sich das anzuwendende Recht nach Art. 8 ROM-III-VO.
Dann richtet sich das Scheidungsverfahren zunächst nach dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Andernfalls ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, wenn dieser Zeitraum nicht länger als ein Jahr zurückliegt und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags noch dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Ansonsten ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem beide Ehegatten staatsangehörig sind. Führt auch dies zu keinem Ergebnis, ist das Recht des Staates des angerufenen Gerichts anzuwenden.

Sollte sich durch die Prüfung ergeben, dass ausländisches Recht anzuwenden ist, wird dies bei der Scheidung zugrunde gelegt. Dies gilt im Grundsatz auch für ausländisches Recht der Staaten, die kein Teilnehmer-Staat der Verordnung sind.
Ausländisches Recht wird nur ausnahmsweise nicht angewandt, soweit diese Rechtsordnung eine Scheidung nicht vorsieht oder keinen gleichberechtigten Zugang zu ihr schafft (vgl. Art. 10 Rom-III-VO).

Schlussbemerkung

Die Regelungen, die bei Scheidungen mit Auslandsbezug zu beachten sind, sind komplex und umfangreich. Es ist daher stets eine eingehende Prüfung im konkreten Einzelfall erforderlich. Diese Inforeihe soll insoweit nur als grober Überblick über die Materie dienen.