Der Seitensprung in der Ehe – Auswirkungen auf die Scheidung?
Es ist ein häufiger Trennungs- und Scheidungsgrund sowie ein absoluter Beziehungskiller: Der Seitensprung. Für die meisten Menschen ist der Seitensprung auch in einer modernen Gesellschaft schlicht unverzeihlich. Für die Betroffenen ist der Schmerz, hintergangen worden zu sein, verständlicherweise groß. Gerade dann mag sich die Frage stellen, ob sich der Seitensprung auf die Scheidung auswirkt.Wichtigste in Kürze zusammengefasst
Der Seitensprung ist für die Scheidung in den meisten Fällen unerheblich, denn in Deutschland gibt es kein Schuldprinzip mehr. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts grob unbillig wäre, kann sowohl der Trennungsunterhalt als auch den nachehelichen Unterhalt ausgeschlossen oder gemindert werden.Frühere Rechtslage
Ging ein Ehegatte zu früheren Zeiten fremd und es kam deswegen zur Trennung, spielte dies für die Scheidung eine Rolle. „Schuldig geschieden!“, wäre die Befürchtung gewesen. Denn früher wurde der Grund der Trennung im Scheidungsverfahren erforscht und daraufhin festgestellt, welcher Ehegatte die „Schuld“ für das Aus der Ehe trage. Wer Ehebruch begangen hat, lieferte einen entsprechenden Grund. Das Schuldprinzip wirkte sich diese Entscheidung zum Beispiel nachteilig auf etwaige Unterhaltsansprüche aus. Dies hatte zur Folge, dass dem „Ehebrecher“ die Streichung der etwaigen Unterhaltsansprüche drohte.Mittels einer Reform vor über 30 Jahren wurde das Schuldprinzip letztlich abgeschafft. Seither spielt der Grund der Trennung für die Scheidung in der Regel keine Rolle mehr.
Die Ehe wird nach § 1565 Abs. 1 S. 1 BGB nämlich dann geschieden, wenn sie gescheitert ist.
Weitestgehend folgenlos?
Heutzutage ist für die Scheidung nur noch entscheidend, ob die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen, also insbesondere das Trennungsjahr eingehalten wurde. Persönliche Verfehlungen oder menschliche Fehltritte sind für die rechtlichen Scheidungsfolgen regelmäßig nicht mehr entscheidend.Insbesondere mindern oder steigern sich hierdurch grundsätzlich auch keine finanziellen Ansprüche gegen den anderen Ehegatten. Allerdings bedeutet, dass nicht zwangsläufig, dass jedes Verhalten in der Ehe für die Ansprüche nach der Trennung folgenlos bleibt.
§ 1579 BGB – Unterhaltszahlung - grobe Unbilligkeit
Nach § 1579 BGB ist ein dem Grunde nach zu zahlender Unterhalt herabzusetzen oder zu versagen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Dies gilt sowohl für den nachehelichen Unterhalt als auch für den Trennungsunterhalt.Ist also die Inanspruchnahme eines Ehepartners auf Zahlung eines Unterhalts unbillig, kann seine Unterhaltsverpflichtung gesenkt werden oder ganz entfallen.
Wann genau allerdings grobe Unbilligkeit vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern nur mittels einer wertenden Gesamtbetrachtung der Verhältnisse und Gegebenheiten.
So hat das OLG Hamm in einer Entscheidung betont, dass für ein Verwirken des Unterhaltanspruchs nicht jede Form der außerehelichen Beziehung ausreicht, sondern vielmehr das Verhalten ein gewisses Gewicht besitzen und derart vorwerfbar sein müsse, dass die Inanspruchnahme für den Unterhaltsverpflichteten unerträglich sei (vgl. OLG Hamm v. 19.07.2011, Az. II – 13 UF 3/11).
Dies sah das OLG Hamm in dem vorausgegangenen Sachverhalt für gegeben an. Dort hatte die Ehefrau die Berufstätigkeit des Ehemanns als Fernfahrer dahingehend ausgenutzt, um eine sexuelle Beziehung zu einem Freund des Ehemanns einzugehen, den das Ehepaar im Vorfeld – um ihm in einer finanziellen Notlage zu helfen – in die gemeinsame Wohnung aufgenommen hatte.
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer weiteren Entscheidung betont, dass durch das Ausbrechen aus einer intakten Ehe ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig beim Berechtigten liegendes Fehlverhalten darstelle, wodurch der Unterhaltsanspruch verwirkt würde (vgl. OLG Hamm v. 26.03.2012, Az. II-8 UF 109/10).
Hingegen sein die Voraussetzungen für einen Ausschluss nicht bereits deswegen gegeben, weil die Ehefrau in der Zeit der Trennung das Kind von einem anderen Mann geboren hat, entschied das OLG Jena (vgl. OLG Jena v. 18.11.2015, Az. 1 WF 436/05).